Gedenkbuch
Viele Angehörige der KLS wurden Opfer der NS-Diktatur - vor allem jüdische Mitschülerinnen und Lehrkräfte, aber auch andere Verfolgte. Sie wurden entrechtet und gedemütigt, beraubt und vertrieben, haben nahe Angehörige oder – im schlimmsten Falle – selbst das Leben verloren.
Für sie alle möchten wir Stolpersteine verlegen lassen. Allerdings ist dies – aus verschiedenen Gründen – nicht in jedem Fall möglich, zudem ist die Aussage dieser Steine notwendigerweise sehr begrenzt.
Deshalb werden wir auf dieser Seite die Biographien der Opfer veröffentlichen, die von Schülerinnen und Schülern erforscht worden sind und weiterhin erforscht werden. So geben wir den Opfern wenigstens ein Stück ihrer Identität und damit ihrer Würde zurück. Und sie mahnen uns, Freiheit, Demokratie und Menschenwürde zu verteidigen und gegen jede Form von Ausgrenzung und Rassismus vorzugehen.
Erweisen auch Sie den Opfern die Ehre, indem Sie sie nicht vergessen.
Zur Präsentation: Alle Texte liegen in wissenschaftlicher Form mit voller Dokumentation aller Aussagen vor. Im Interesse der Lesbarkeit und auch aus technischen Gründen werden sie hier aber ohne Dokumentation veröffentlicht; im Anhang sind nur die wichtigsten Quellen genannt.
Im Zuge der Erweiterung unserer Erkenntnisse und Erkenntnismöglichkeiten ergeben sich immer wieder Ergänzungen zu bereits erforschten Biographien. Sie werden in Form von Nachträgen am Ende der jeweiligen Texte präsentiert. So bleiben die ursprünglichen Leistungen der Autorinnen und Autoren und ihr jeweils individueller Zugriff erkennbar.
Die Biographien haben oft einen erheblichen Umfang, neben der wissenschaftlichen Präzision und dem individuellen Zugriff liegt gerade darin der Wert der Arbeiten.
Um auch einen schnellen Zugriff auf die wesentlichen Ergebnisse zu ermöglichen, lesen Sie unten stehende Kurzfassungen. Sukzessive werden auch Kurzbiographien verfasst, die Sie jeweils am Ende einer Biographie finden.
Ermordete
Die Geschwister Rita (* 05.07.1923) und Richard (* 03.10.1924) waren selbst nicht Schüler der KLS. Aber sie waren Cousin und Cousine von Elsie Berg und gehörten damit im weiteren Sinne auch zur Schulgemeinschaft der KLS. Vor allem aber sind sie uns Vorbilder in ihrem aktiven Kampf gegen das NS-Regime, der sie das Leben kostete - wie auf andere Weise auch ihre Cousine Elsie.
Elsie (* 25.02.1923) stammte aus einer wohlhabenden jüdischen Familie, der unter anderem eine bekannte Kölner Brauerei gehörte. Sie besuchte die KLS wohl von 1934 bis 1938, gemeinsam mit ihren jüdischen Mitschülerinnen Eva Alsberg, Doritta Sternschuss und Ellen Süskind. Die anderen drei konnten fliehen, Elsie jedoch wurde kurz vor ihrem 20. Geburtstag ermordet - wie auch der größte Teil ihrer Familie.
Unter den vielen tragischen Schicksalen in diesem Gedenkbuch ist das von Edith ein besonders tragisches. 1934 konnte sie als letztes jüdisches Mädchen an der KLS das Abitur machen. Sie entkam zunächst in die Niederlande, wurde schließlich doch nach Auschwitz deportiert, überlebte wie durch ein Wunder – und starb wenig später in den USA an den Folgen, kurz nach der Geburt ihres Sohnes. Von ihm haben wir die einzigen Fotos bekommen, die es von seiner Mutter noch gibt.
Ilse (* 23.02.1900) wollte schon immer Lehrerin werden. Nach dem Abitur an der Kaiserin-Augusta-Schule studierte sie daher Deutsch und Geschichte in Köln, Bonn und Rostock und legte 1931 die Erste Lehramtsprüfung ab. Im Oktober 1932 kam sie als Referendarin an die KLS. Ilse gehörte nie der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Dennoch wurde sie im Frühjahr 1933 wegen ihrer jüdischen Herkunft aus dem Schuldienst entlassen.
Charlotte Gabel (geb. Weissberg)
Charlotte (* 17.01.1907) machte 1927 das Abitur an der KLS und arbeitete bis zu ihrer Heirat als Volksschullehrerin im jüdischen Schulwesen. Sie gehörte zu den ersten Opfern der Deportationen und wurde bereits im Oktober 1938 abgeschoben, im Zuge der so genannten "Polenaktion", dem Vorspiel zur Reichspogromnacht. In weiser Voraussicht ließ sie ihren kleinen Sohn bei Freunden zurück. So konnte er überleben - seine Eltern sah er allerdings nie mehr wieder.
“Als ich diese Briefe zum ersten Mal las, war ich von meinen Gefühlen völlig überwältigt. Noch nie zuvor habe ich gleichzeitig Schmerz und Glück empfunden. Schmerz, Trauer und Schwere ausgelöst durch die Schicksale der einzelnen Personen - und Freude, Glück und Hoffnung verursacht durch den Besitz dieser kostbaren Briefe und der sich daraus ergebenden Möglichkeit, diesen Menschen Gehör zu verschaffen.”
Alice von der Heyden (geb. Tuteur)
"Eine mutige und selbstlose Frau, eine Jüdin, die vielen anderen in trübsten Zeiten der Nazigewaltherrschaft mit Rat und Tat geholfen hat. Durch Denunziation und Verzweiflung wurde sie in den Tod getrieben. Dieser Gedenkstein, 50 Jahre später erstellt, soll Zeuge dessen sein, dass wir immer noch um unsere Mutter trauern. Alice, Du warst unser Liebstes und sollst nie vergessen sein.“
So wollten die Kinder Sylvia und Gunter, deren Leben sie gerettet hat, an ihre Mutter erinnern. Vom Leben und vom beeindruckenden Charakter seiner Mutter hat uns Gunter selbst in berührender Weise berichtet.
Anna Kupperschlag (geb. Isaac)
Anna (* 20.8.1894) stammte aus Solingen, ihr Vater leitete dort die Filiale des Kölner Warenhauskonzerns Alsberg. Nach dem Lyzeum zog sie für vier Jahre nach Köln, besuchte die KLS und legte dort 1914 die Lehrerinnenprüfung ab. Danach kehrte sie nach Solingen zurück, heiratete und übernahm mit ihrem Ehemann das Geschäft des Vaters. Ihren beiden Töchtern ermöglichten sie die Flucht in die Niederlande, Anna und ihr Ehemann selbst wurden in Auschwitz ermordet.
Paula (* 19.06.1876) besuchte das Lehrerinnenseminar der KLS und machte für eine Frau ihrer Generation eine eindrucksvolle Karriere bis hin zur ersten weiblichen Konrektorin Kölns. Darüber hinaus engagierte sie sich sehr stark in der jüdischen Gemeinde, sowohl für den Zionismus als auch besonders für die Stärkung der Frauenrechte. Der Preis für diese Karriere bestand - auch das typisch für die Zeit - im Verzicht auf Ehe und Familie.
Regina Prins (geb. Rothschild)
Regina (* 12.08.1913) besuchte die Frauenoberschule der KLS und legte Ostern 1933 ihr Abitur in der "hauswirtschaftlichen Form" ab. 1939 floh sie in die Niederlande, doch brachte ihr dies keine Rettung. Ihre Eltern und Geschwister konnten entkommen, Regina jedoch wurde mit ihrem Ehemann und ihrer einjährigen Tochter nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Liese Lotte (* 25.08.1923) war die jüngere Tochter des renommierten Kölner Gynäkologen Max Samuel. Sie wurde gemeinsam mit ihren Eltern in Auschwitz ermordet. Nur ihre ältere Schwester Hannah Liese und ihr Bruder überlebten, da sie rechtzeitig fliehen konnten. Besonders tragisch ist auch die Rolle, die ihr Vater als jüdischer Arzt im berüchtigten "Block 10" in Auschwitz spielte.
Irmgard (* 04.12.1907) machte 1927 ihr Abitur an der KLS. Sie wohnte in Wuppertal, wo ihr Vater als Chemiker bei Bayer arbeitete. Irmgard war also eine der "Fahrschülerinnen", die jeden Tag von außerhalb kamen. 1936 starb Irmgards Mutter nach langer Krankheit. Vielleicht verhinderte dies, dass die Familie rechtzeitig fliehen konnte. So wurden Irmgard und ihr Vater schließlich deportiert und in Chelmno ermordet.
In der letzten Januarwoche 2024 fand an der KLS die jährliche Projektwoche statt. In unserem Projekt haben wir uns mit Hedwig Winter (* 22.11.1883) eingehend beschäftigt, einer jüdischen Lehrerin, die 1903 ihre Lehrerinnenprüfung bei uns an der KLS abgelegt hat.
Am Montagmorgen trudeln nacheinander 18 SchülerInnen ein. Von der 8. Klasse bis Q2, es ist eine bunte Mischung. Manche waren letztes Jahr bereits dabei, manche fanden die Projektbeschreibung einfach interessant. Anschließend beginnen wir unser Forschungsprojekt …
Mina Wolff (geb. Speier-Holstein)
„Meine Mutter gab mir eine Tafel Schokolade, ich gab ihr zum Abschied einen Kuss, stieg in den Zug und sah weder meine Mutter noch meinen Vater jemals wieder.”
Die Vorstellung dieser Situation, in der Jonas Wolff seine Mutter Mina (* 16.6.1883) zum letzten Mal sah, ist von einer Eindringlichkeit, die mich tief berührt hat. Das Schokoladen-Papier hat Jonas Wolff bis zu seinem Tod im Jahr 2015 aufbewahrt.
Überlebende
Eva (* 12.07.1924) war die Tochter des "Warenhausmagnaten" Alfred Alsberg. Sie besuchte die KLS wohl von 1934 bis 1938, gemeinsam mit ihren jüdischen Mitschülerinnen Elsie Berg, Doritta Sternschuss und Ellen Süskind. 1939 konnte Eva mit einem Kindertransport nach England fliehen, ebenso ihre beiden Brüder. Die Eltern wurden jedoch nach Litzmannstadt deportiert und ermordet. Obwohl man Eva alles genommen hatte, gelang es ihr, sich auf Jamaica eine neue Existenz aufzubauen.
Elsbeth von Ameln (geb. Pollitz)
"Allen Gewalten zum Trotz sich erhalten, nimmer sich beugen, mutig sich zeigen“. Elsbeth (* 16.06.1905) ist diesem Wahlspruch immer treu geblieben – zuerst gegenüber der Verwandtschaft, die kein Verständnis dafür hatte, dass ein Mädchen Abitur machen und auch noch Jura studieren wollte – dann als verfolgte „Halbjüdin“, die von ihrer jüdischen Herkunft gar nichts wusste und nur im Untergrund überleben konnte – und schließlich als erste Frau unter den bedeutendsten Strafverteidigern der Nachkriegszeit.
Thea van Ameringen (geb. Juliard)
Thea (* 20.4.1909) strebte nicht das Abitur an, sondern besuchte die KLS wegen der anderen Möglichkeiten, die sich hier boten. So legte sie 1928 nach zwei Jahren Frauenschule die Prüfung zur Kindergärtnerin ab. Bereits vor 1933 zog sie in die Niederlande und heiratete. Sie selbst konnte später der deutschen Besatzung entkommen - ihre Mutter, ihre Schwester und weitere Verwandte wurden jedoch in Auschwitz und Sobibor ermordet.
Hannelore Bier besuchte die KLS von 1935 bis 1938, gemeinsam mit Lieselotte Kramer, Hilde Edith Levy und Ingelore Silberbach. Hannelore konnte wie ihre drei Klassenkameradinnen entkommen, mit einem Kindertransport nach England. Sie verlor jedoch alles: Eltern, Heimat, Lebensstandard, Zukunftsperspektive. In beeindruckender Weise schaffte sie es trotzdem, selbstbewusst und eigenständig ihren Weg zu gehen.
Charlotte Fraier (verh. Propper)
Charlotte (* 05.04.1920) besuchte die KLS vermutlich von 1930 bis 1933. Ihre Schulkarriere verlief jedoch nicht geradlinig. Sie wechselte mehrfach die Schule und besuchte zuletzt die Höhere Handelsschule. 1939 gelang ihr die Flucht nach Belgien, wo sie heiratete und wohl im Untergrund die deutsche Besatzung überlebte. Viele Angehörige, darunter ihr Bruder, wurden jedoch ermordet.
Maria Frankenstein (verh. Wrist)
Maria (* 15.03.1919) war die Tochter von Kurt Frankenstein, Chefarzt am evangelischen Krankenhaus Kalk. Beide Eltern gehörten seit langer Zeit der protestantischen Kirche an, auch Maria war evangelisch getauft und erzogen. Dennoch galt sie den Nazis als „Volljüdin“. Sie selbst gelangte mit einem Kindertransport nach England, auch ihr Bruder konnte entkommen. Die Eltern überlebten die NS-Diktatur jedoch nicht.
Marianne Gross (verh. Reichartz)
Marianne (* 18.06.1927) war die Tochter des katholischen Widerständlers Nikolaus Groß, der noch im Januar 1945 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde. Marianne war nicht offiziell Schülerin der KLS, sondern besuchte die Ursulinenschule. Aufgrund der besonderen Umstände im Krieg fand der Unterricht jedoch über längere Zeit im Gebäude der KLS statt, beide Schulen waren gemeinsam in der Kinderlandschickung auf Usedom.
Aus anfangs nur einem Namen, den ich mir ausgesucht habe, ist die Geschichte eines langen Lebens geworden. Ich bin Annemarie (* 17.2.1923) gefolgt von Köln aus nach London, Großbritannien und schließlich in die USA. Stück für Stück hat sich ein Großteil insbesondere der ersten Hälfte ihres Lebens zusammengesetzt, wozu sie letztendlich selbst am meisten beigetragen hat.
Elisabeth Kaufmann, verh. Rosenberg
„Ich fühle mich wie ein Singvogel, dem man die Flügel beschnitten hat und der im Dunkeln gegen die Stangen seines engen Käfigs anfliegt. Heraus, heraus, schreit es in mir, ich habe Sehnsucht nach Luft und Lachen!“ So beschreibt Anne Frank in ihrem Tagebuch die Enge in ihrem Versteck in Amsterdam.
Elisabeth Kaufmann (* 27.11.1922) hätte diesen Gefühlen von Anne sicherlich zustimmen können. Als 15jährige flieht sie in die Niederlande, wo sie sich in Amsterdam versteckt. Es folgen fast drei Jahre Einsamkeit, Hunger und die tägliche Angst entdeckt, verschleppt und ermordet zu werden. Ihre Erfahrungen beschäftigen sie noch für den Rest ihres Lebens.
Gertrud Katzenstein (geb. Bernstein)
“Lieber Stürmer! Wie in fast allen anderen Gauen und Städten des Deutschen Reiches hat auch bei uns in Köln-Richmodis die “Götterdämmerung” für die Juden ihren Anfang genommen. Infolge unserer intensiven Aufklärungsarbeit mußten bei uns neuerdings zahlreiche Judengeschäfte verschwinden.“
Diese gemeine Hetzpropaganda vernichtete auch das Geschäft von Gertrud (* 29.7.1895), die 1913 die Ausbildung zur Kindergärtnerin an der KLS absolviert hatte.
Lieselotte Kramer besuchte die KLS von 1935 bis 1938, gemeinsam mit ihren Klassenkameradinnen Hannelore Bier, Hilde Edith Levi und Ingelore Silberbach. Ostern 1938 wurden sie alle aus der Schule entlassen. Dennoch berichtet Lieselotte – für uns sehr überraschend – sie habe eine schöne, eine sorgenfrei Schulzeit erlebt.
Hilde Edith Levi besuchte die KLS von 1935 bis 1938, gemeinsam mit ihren Klassenkameradinnen Hannelore Bier, Lieselotte Kramer und Ingelore Silberbach. In hohem Alter hat sie ihre Erinnerungen niedergeschrieben. Ihnen verdanken wir viele interessante Einblicke in ihre Schulzeit – aber auch in das tragische Schicksal ihrer Familie. Denn Hilde blieb fast völlig allein zurück: Von den 20 engen Verwandten aus Köln überlebten nur 6 den Holocaust, und sie waren über die ganze Welt verstreut.
"Wir sind jetzt schon 7 Wochen hier & fangen an uns allmählich einzugewöhnen.“ So schrieb Stephanies Mutter nach ihrer Deportation 1941 aus dem Ghetto Litzmannstadt. 3 Wochen später wurde sie ermordet, wenig später auch ihr Ehemann. Stephanie (* 01.01.1903) hatte bereits 1939 mit Mann und Sohn in die USA fliehen können. Alle verzweifelten Versuche, ihre Eltern nachzuholen, scheiterten jedoch.
Sophie (* 26.02.1905) besuchte die KLS bereits ab den Grundschulklassen. Ihr Vater betrieb eines der vielen jüdischen Geschäfte im Umfeld der Schule - „Herrenmoden Marx“ auf der Ehrenstraße. Nach Zerstörung der Existenz und dem frühen Tod der Eltern konnte Sophie 1939 nach England fliehen. Hier drohte ihr jedoch nach Kriegsbeginn die Internierung als „Female Enemy Alien“ – für die Nazis eine „Jüdin“ war sie in England in erster Linie „Deutsche“.
Margot Rosenthal (verh. Schwartz)
Margot (* 22.11.1922) besuchte die KLS von 1933 bis zu ihrer zwangsweisen Entlassung 1938. Ihr Vater nahm sich aufgrund der Verfolgung durch die Nazis das Leben, ebenso ihr Großvater. Ihr Bruder wurde nach der Reichspogromnacht ins KZ Dachau verschleppt. Nach seiner Entlassung konnte Margot mit Bruder und Mutter in die USA entkommen – der Weg verlief über Italien, Venezuela und Trinidad und dauerte mehr als zwei Jahre.
Marie (* 11.09.1922) konnte als vermutlich letztes Mädchen jüdischer Herkunft – in der schrecklichen Sprache der Nazis „jüdischer Mischling 1. Grades“ – Ostern 1941 ihr Abitur an der KLS absolvieren. Im nächsten Jahr war dies auch für Kinder aus so genannten „Mischehen“ nicht mehr möglich. Den Krieg überlebten Marie und ihre Eltern dank der Unterstützung von Freunden im Untergrund.
Edith (* 17.09.1908) war wirklich ein „modernes“ Mädchen. Schon das Abitur war 1928 noch keineswegs die Regel. Noch viel weniger galt dies für ein Studium der Theaterwissenschaften. Und dann erwarb sie auch noch die „Ermächtigung zum Führen von Verbrennungsmaschinen der Klasse 3b“ – den Führerschein. Dies alles machten die Nazis zunichte – doch durch frühzeitige Flucht konnte sich die gesamte Familie retten und fand eine neue Heimat in Chile
Hannah Liese (* 29.06.1920 ) war die ältere Tochter des renommierten Kölner Gynäkologen Max Samuel. Nur sie und ihr Bruder überlebten, da sie rechtzeitig fliehen konnten. Ihre Eltern und ihre jüngere Schwester Liese Lotte wurden ermordet. Besonders tragisch war auch die Rolle, die ihr Vater als jüdischer Arzt im berüchtigten "Block 10" in Auschwitz spielte.
Bertha (* 07.03.1901) war ein schon früh aufleuchtender Stern unter den Nachwuchsdesignern. Noch als Schülerin der KLS besuchte sie während der Kölner Werkbundausstellung 1914 Kurse an der „Kunstgewerbe- und Handwerksschule“. Als „begabteste junge Innenarchitektin in Deutschland“ führte ihr Weg sie bald bis in die berühmten „Wiener Werkstätten“. Diese vielversprechende Karriere wurde durch die Nazis zerstört und konnte auch nach der Flucht nach England nicht fortgesetzt werden.
Thea (* 24.10.1908) legte 1928 die Abiturprüfung an der KLS ab mit dem Ziel, anschließend Zahnmedizin zu studieren. Bereits im folgenden Jahr emigrierte sie jedoch nach England und heiratete dort. Sie selbst blieb daher von der Verfolgung durch die Nazis verschont – anders als zahlreiche Mitglieder ihrer Familie.
Ingelore und Gisela Silberbach
Ingelore Silberbach besuchte die KLS von 1935 bis 1938, gemeinsam mit ihren Klassenkameradinnen Hannelore Bier, Lieselotte Kramer und Hilde Edith Levy. Ingelores Schwester Gisela besuchte dagegen die evangelische Schule in der Antoniterstraße und scheint dort ganz andere Erfahrungen gemacht zu haben als Ingelore an der KLS. Über Lebensweg und Persönlichkeit beider Mädchen sind wir besonders gut informiert, da wir in engem Kontakt zu Ingelores Tochter stehen.
Doritta Sternschuß (verh. Gallet)
Doritta (* 16.08.1923) besuchte die KLS wohl von 1934 bis 1938, gemeinsam mit ihren jüdischen Mitschülerinnen Eva Alsberg, Elsie Berg und Ellen Süskind. Wie Eva konnte auch Doritta mit einem Kindertransport entkommen. Ihre Eltern und ihr kleiner Bruder wurden in Auschwitz und Dachau ermordet. Doritta überlebte untergetaucht in Frankreich und fand dort eine neue Heimat.
Ellen Süskind (verh. Rosenbaum)
Ellen (* 06.07.1923) besuchte die KLS wohl von 1934 bis 1938, gemeinsam mit ihren jüdischen Mitschülerinnen Eva Alsberg, Elsie Berg und Doritta Sternschuß; die Familien von Ellen und Elsie wohnten sogar im selben Haus. Von den vier Klassenkameradinnen gelang es nur Ellen, gemeinsam mit ihren Eltern zu entkommen. Die Familie floh 1939 zunächst nach England, dann in die USA.
Liselotte (* 07.12.1930) besuchte die KLS ab Herbst 1941 – unter Verschleierung ihrer Herkunft, um ihren jüdischen Vater und sie selbst als „jüdischen Mischling“ vor Verfolgung zu schützen. Bereits nach wenigen Monaten wich die Familie aber ins Bergische aus und konnte später im Untergrund überleben. Welche Spuren eine Kindheit voller Diskriminierung, Angst und Bedrohung in Liselottes Seele hinterlassen hat, können wir nur ahnen.
Frontfrau des politischen Katholizismus durch vier politische Systeme, Kämpferin für Frauenrechte, Opfer der Nazis - Keine ehemalige Schülerin der KLS erscheint so prominent im Kölner Stadtbild wie Christine Teusch (1888 – 1968): Kommt man vom Bahnhof Ehrenfeld, trifft man auf den Christine-Teusch-Platz. Kommt man vom Heumarkt, sieht man ihre Statue am Rathausturm unter den „um die Stadt verdienten Persönlichkeiten“. Doch erscheint sie auch uns als das Vorbild, als das sie in der Öffentlichkeit präsentiert wird?