Maria Frankenstein (verh. Wrist)
von Leon Glöckner
Über sechs Millionen Menschen wurden während des Holocausts von den Nationalsozialisten ermordet. Keine Stadt, kein Viertel, keine Straße blieb vom Rassenwahn der Nazis verschont. Auch keine Schule, auch nicht die Königin-Luise-Schule (KLS).
Hier wurden, genau wie andernorts auch, Juden, die vorher wie alle anderen gelebt, gearbeitet und zur Schule gegangen waren, ausgegrenzt und verfolgt.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Schicksal einer derer, die betroffen waren: mit der evangelisch getauften, von den Nazis dennoch als “Volljüdin” eingestuften Maria Frankenstein. Aufgrund der Nazi-Tyrannei musste sie fliehen, Familie, Freunde, Heimat und ihr gesamtes Leben zurücklassen und fernab von alledem neu anfangen.
Besonders bemerkenswert an diesem Fall ist die Art, wie man nach vielen Jahrzehnten wieder auf ihren Namen stieß und ihr Schicksal Stück für Stück klarer wurde. Nicht in Akten, Zeugnislisten oder ähnlichem fand man ihren Namen. Man stieß auf ihn, weil sich eine Zeitzeugin meldete. Diese erinnerte sich an ein jüdisches Mädchen in ihrem oder in einem höheren Jahrgang. Außerdem erinnerte sie sich an den Vater. Dieser tauchte dann in einem Buch erneut auf, interessanterweise der Autobiographie von Elsbeth von Ameln, einer anderen (halb-) jüdischen Schülerin der KLS. Im Laufe der Recherche kamen immer mehr Informationen zusammen. Schließlich tauchte durch Glück eine große Kiste auf, die den Nachlass der Familie enthielt. Sie wurde wiedergefunden, weil ein Mitglied der “Schlaraffen” - eines Vereins, in dem auch Marias Vater Mitglied war - im Rahmen einer Stolpersteinverlegung recherchierte. So wurden diese Akten, die jahrelang unbeachtet im NS-Dokumentationszentrum gelegen hatten, wiedergefunden.
Auf Basis dieser Informationen ist nun diese Arbeit entstanden, welche Marias Schicksal beleuchten soll.
Johanne Maria Susanne Frankenstein wurde am 15. März 1919 in der Wohnung ihrer Eltern, im Kaiser-Wilhelm-Ring 24 in Köln, geboren - 14 Tage früher als erwartet, um 22.45 Uhr. Ihre Mutter war Susanne Margarete (geb. Edel), sie wurde am 16.02.1884 in Berlin geboren. Dort heiratete sie am 09.10.1913, im Standesamt Berlin-Wilmersdorf, den am 17. Oktober 1877 in Landeshut, Schlesien, geborenen Arzt Kurt Frankenstein, Marias Vater. Am 26.10.1914 kam Marias älterer Bruder, Joachim Kurt, in Berlin zur Welt. Im Ersten Weltkrieg war Kurt Stabsarzt der Reserve und erhielt für seine Verdienste unter anderem das Eiserne Kreuz zweiter Klasse.
Kurt und Susanne Frankenstein mit Sohn Joachim um 1918
(NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, N 1082-1 Nachlass Frankenstein)
Nach dem Krieg zog die Familie nach Köln. Kurt arbeitete hier als leitender Gynäkologe im evangelischen Krankenhaus Köln Kalk. Beide Eltern kamen aus evangelisch-jüdischen Elternhäusern und waren evangelisch getauft. Susannes Eltern waren beide “mosaischen Glaubens”, sie wurde jedoch direkt nach der Geburt getauft. Kurt war bis nach 1910 jüdischen Glaubens, ließ sich jedoch dann evangelisch taufen. Er hatte also vermutlich mindestens einen jüdischen Elternteil. Am 30. Juni 1919 wurde auch Maria evangelisch getauft. Taufpaten waren ihr aus Berlin angereister Großvater (mütterlicherseits) und ihre Tante Emily Ortmann.
Die Familie Frankenstein war wohl recht wohlhabend. Sie wohnten in der Kölner Innenstadt in einer Wohnung mit Balkon und Garten, fuhren regelmäßig in den Urlaub und beschäftigten eine Haushälterin und eine Köchin.
Dr. Kurt Frankenstein, seine Frau Susanne und Tochter Maria auf der Insel Juist 1927 (NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, N 1082 - 5/6 Nachlass Frankenstein)
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Genaue Angaben über ihre Einkünfte gibt es jedoch nur von 1936 (dazu später mehr). Sie besaßen vermutlich ein eigenes Auto, was in dieser Zeit großer Luxus war, und ihr Einkommen lag weit über dem Durchschnitt, wie sich anhand des Einkommens von 1936 vermuten lässt. Zudem handelte Kurt mit Wertpapieren. Doch von der Wirtschaftskrise ab 1929 blieben auch sie nicht verschont, jedoch wurden sie auch nicht so schwer getroffen wie große Teile der Bevölkerung.
Vermutlich (von links nach rechts) Kurt, Maria, Susanne
(NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, N 1082-3 Nachlass Frankenstein)
Maria war kein einfaches Kind. Sie war stur und ungeduldig, zudem oft bockig. Sie wollte oft nicht hören und bekam Wutanfälle. Bis sie vier Jahre alt war, wollte sie nichts mit Fremden zu tun haben. Erst mit drei Jahren fing sie an alleine zu essen. Sie baute in dieser Zeit eine Bindung zu Anna Winand, der Haushälterin der Familie, auf. Dennoch hatte sie einige Freundinnen, mit denen sie sich traf und spielte. Außerdem verstand sie sich gut mit ihrem Bruder. Nach Marias Geburt bekam die Familie ein Pflegekind, Herwart Wirt. Auch mit ihm verstand sie sich gut. Abgesehen von ihrer Sturheit und Unartigkeit war sie ein lustiges und fröhliches Kind. Regelmäßig fuhr die Familie mit einer befreundeten Familie (Liers) in deren Haus in die Eifel. Maria mochte gerne Geschichten von Wilhelm Busch und hörte gerne Rundfunk, außerdem verkleidete sie sich gerne. Mit der Zeit wurde sie artiger und war stets bei allen beliebt und gern gesehen. Sie war sehr humorvoll und erzählte viele Witze. Sie war außerdem gläubig und betete jeden Abend.
Maria bei Bastelarbeiten und beim Spielen vor der Puppenstube, Mitte/Ende 20er Jahre |
Per Attest wurde sie vom Besuch der Volksschule (Grundschule) freigestellt und bekam stattdessen ab 1925 Privatunterricht, zusammen mit vier Freundinnen. Der Unterricht trug sehr zu ihrer positiven Entwicklung bei. Ihre beste Freundin in dieser Zeit war ihre Nachbarin Lotti Paß, mit ihr verbrachte sie oft den ganzen Tag.
Ab 1928 lernte sie Klavier spielen. 1929 kamen sie und Lotti auf das Lyceum Teschner. Maria war gut in der Schule und beliebt bei den Lehrern, nur in Mathematik war sie weniger gut. Marias und Lottis Freundschaft schwand, weil beide andere Freunde fanden. Maria und drei Freundinnen trafen sich regelmäßig zur Handarbeit und zum Spielen. Ihre Zeugnisse waren sehr gut, besonders in Sprachen war sie gut. Sie hatte viel Spaß an Handarbeit und widmete dieser viel Zeit. Ab 1931 besuchte sie die Quarta der Merlo-Mevissenschule (Mädchenschule). Eine ihrer Freundinnen kam mit ihr und sie fand auch einige neue Freundinnen. Vermutlich 1933 wurden sie und ihre Freundinnen in die Unter-Tertia versetzt und besuchten von nun an die KLS.
Über Marias Leben zwischen 1933 und 1939 lässt sich anhand von Quellen wenig sagen, man kann jedoch anhand von historischen Begebenheiten einige Vermutungen anstellen. Die Auswirkungen der Nazi-Herrschaft bekam die Familie sofort zu spüren. Schon 1933 wurde Kurt Frankenstein im Krankenhaus entlassen und praktizierte von nun an als selbstständiger Frauenarzt, er betrieb eine private Praxis mit einer angestellten Krankenschwester. Diese Entlassung im Rahmen des “Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums” wäre nicht nötig gewesen, da Kurt Frontkämpfer war; außerdem galt dieses Gesetz nur für Beamte, Kurt war aber Angestellter an einem evangelischen Krankenhaus. Trotzdem entließ man ihn, vermutlich aus vorauseilendem Gehorsam. Dennoch verdiente Kurt weiterhin gut und die Familie genoss finanziellen Wohlstand. Dies geht aus einer Steuererklärung Kurts aus dem Jahr 1936 hervor. Er hatte in diesem Jahr ein Gesamteinkommen von ca. 25.900 RM. Das Durchschnittsjahreseinkommen einer vierköpfigen (Arbeiter-)Familie lag 1936 bei ca. 1800 RM. Zudem besaß die Familie (immer noch) ein Auto. Kurt war Mitglied bei den “Schlaraffen”, einem humoristischen Verein, dort trug er den Namen "Ritter Pantopon der Wehenwütige". Er wurde jedoch bereits 1933 aus diesem Verein ausgeschlossen, dies geschah wohl entweder aus gesetzlichem Zwang oder auch aus vorauseilendem Gehorsam.
Joachim studierte zu dieser Zeit (Techniker), ob er dieses Studium, trotz der nationalsozialistischen Beschränkungen, beenden konnte, ist jedoch fraglich.
Susanne Frankenstein mit Sohn Joachim (Mitte), Tochter Maria (2. v.r.) und Freunden im Garten
(NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, N 1082-11 Nachlass Frankenstein)
Am 31.03.1933 forderte die Stadt Köln dazu auf, Juden aus Sportvereinen zu entlassen. Maria war in einem Turnverein, doch vielleicht schützte sie der Frontkämpferstatus ihres Vaters, vielleicht wurde sie aber auch entlassen. Es folgten zahlreiche weitere Beschränkungen, doch die Tatsache, dass Kurt an der Front gewesen war, schütze sie vermutlich weiterhin vor einigen Nachteilen. Dies ändert sich jedoch mit den “Nürnberger Gesetzen”. Mit ihnen entfielen alle Privilegien für Frontkämpfer. Zudem wurden Juden von nun an kategorisiert. Maria galt als “Volljüdin”, da sie mindestens drei “volljüdische” Großeltern hatte. Auch Susanne war aufgrund ihrer jüdischen Eltern “Volljüdin”. Kurt war entweder “voll- oder halbjüdisch”, abhängig davon, ob er ein oder zwei jüdische Elternteile hatte. Von nun an bekamen sie die volle Härte des nationalsozialistischen Rassenwahns zu spüren. So wurde Maria zum Beispiel ab Juli 1937 vermutlich von schulischen Aktivitäten (außer dem Unterricht) ausgeschlossen.
Bald traf die Familie ein weiterer schwerer Schicksalsschlag: Kurt verstarb am 16. Mai 1937 in Bonn mit nur 59 Jahren an einer Sepsis. Im selben Jahr zog die Familie um. Sie zogen in eine Wohnung in der Machabäerstraße 28B, vermutlich nicht freiwillig. Bis zu seiner Erkrankung war Kurt Vorsitzender des “Vereins nicht-arischer Christen” (Paulusbund), einer Vereinigung von Menschen christlichen Glaubens ohne Ariernachweis. Man kann also davon ausgehen, dass Maria höchstwahrscheinlich auch Mitglied war.
Maria konnte wenigstens ihre Schullaufbahn noch regulär beenden. So ist uns in einer Zeugnisliste überliefert, dass sie Ostern 1938 ihre Reifeprüfung in der Oberprima der Frauenschule abgelegt hatte. Sie hatte also nicht die "echte" Oberstufe (sprachliche Form) mit Zugang zum vollen Abitur besucht, sondern die Frauenschule (hauswirtschaftliche Form), die zum sogenannten "Puddingabitur" führte.
1939 floh Maria nach England, vielleicht aufgrund der Reichspogromnacht am 09.11.1938. Anfang des Jahres 1939 kam sie vermutlich in England an (erster Brief vom 16.03.1939).
Im Nachlass der Familie finden sich zahlreiche Briefe, welche nach der Flucht geschrieben wurden. Anhand dieser Briefe lässt sich einiges über die Zeit nach der Flucht sagen.
Maria floh Anfang 1939 nach England. Dort lebte sie bei einer Familie, welche sie als Dienstmädchen beschäftigte. Sie lebte in Shenfield, einem kleinen Dorf in der Nähe von London. Maria berichtet in ihren Briefen, dass der Ort ein kleines Kaff sei, in dem wenig passierte, und dass es dort recht langweilig sei. Von London, wo sie mit dem Zug ankam, berichtet sie jedoch, dass die Stadt sie sprachlos gemacht habe.
Die Familie, bei der Maria unterkam, hieß Hopkins. Sie hatten zwei Töchter, Judy und Mavis. Mavis war etwa in Marias Alter und die beiden kamen gut miteinander aus. Gegen Judy (jünger als Maria) hatte Maria jedoch schnell eine gewisse Abneigung entwickelt, denn sie fand sie frech und ungezogen. Öfters wies Maria sie zurecht, was Mr. und Mrs. Hopkins sehr gefiel. Maria hatte ein Zimmer direkt über der Haustür, mit großem Fenster und Ausblick auf Garten und Straße. Maria nannte es “das Wachstübchen”, weil man gut sah, wer kam und ging. Im Laufe der ersten Monate richtete sie es sich ein. Einige Dinge ließ sie sich dafür aus der Heimat schicken (z.B. ihren Schreibtisch). Dies war zwar mit Kosten und Mühen verbunden, doch hatten die Dinge für sie wahrscheinlich nicht nur materiellen, sondern auch sentimentalen Wert. Zudem bat sie immer wieder darum, kleinere Dinge wie etwa Stoffe zum Nähen zu schicken.
Mitte März kam auch Marias Bruder Joachim in London an. Er kam vorübergehend bei einer Frau Regensburg unter, reiste jedoch bald mit seiner Frau, Susi Helene Hedwig, weiter nach Edinburgh. Am 22.02.1940 reisten er und Susi mit dem Passagierschiff RMS Scythia von Liverpool nach New York weiter. Zudem erhielt ihre Mutter am 18. August 1939 einen Brief von einer Freundin oder Bekannten Marias, welche wohl auch nach England emigriert war. Sie hatte anscheinend Maria auch mindestens einmal besucht. Vom 30.09. bis zum 05.10. war Marias Mutter in Gestapohaft, warum lässt sich nicht feststellen. Auch in den Briefen wird die Haft nicht erwähnt. Allgemein schreibt Maria nicht über Politik, vielleicht weil die Briefe teils kontrolliert wurden.
Maria hatte große Probleme sich einzugewöhnen und vermisste die Heimat und ihre Familie sehr. Sie schrieb viele Briefe an ihre Mutter. Die Briefe, welche sie von ihrer Mutter erhielt, wurden teilweise geöffnet und durchsucht. Ihre Arbeit empfand Maria als anstrengend. Sie hatte kaum Freizeit und es gab immer viel zu tun. Sie hatte kaum noch Zeit für sich selbst oder zum Nähen und Stricken, was sie früher sehr gerne gemacht hatte. Die Arbeiten, die sie erledigen musste, empfand sie als anstrengend und lästig (z.B. Socken stopfen, waschen, kochen etc.). Und kaum hatte sie mal einen Moment lang nichts zu tun, wartete schon die nächste Arbeit auf sie. Ihre Familie vermisste sie sehr, besonders wenn die Hopkins Verwandte besuchten und Maria mitnahmen. Sie schrieb viel an ihre Mutter und erzählte ihr vieles, was passierte. Oft erkundigte sie sich, wann sie nachkommen wolle. Sie versicherte ihrer Mutter jedoch trotz allem immer wieder, dass es ihr im Großen und Ganzen gut gehe. Sie berichtet zudem, dass sie viel aß und deshalb zunahm, später hatte sie dann die Absicht wieder abzunehmen. Freunde fand Maria anfangs nicht, auch wenn sich Hopkins bemühten, ihr dabei zu helfen. Ab Mai unternahm Maria ab und zu etwas mit dem “Young people’s Christian Circle”, wollte aber selbst nicht Mitglied werden. Außerdem war sie mindestens einmal bei einem Treffen von Geflüchteten, zu dem die Hopkins sie schickten, es gefiel ihr aber dort nicht und die Leute dort fand sie unsympathisch. Obwohl sie nicht viel Kontakt zu anderen hatte, war sie im ganzen Ort bekannt und wurde überall, wo sie hinkam, gegrüßt und freundlich behandelt. Auch die Hopkins behandelten sie gut und waren ihr gegenüber freundlich und hilfsbereit. Nach Marias Empfinden mochten die Hopkins sie. Langsam gelang es ihr auch sich einzufinden und sie knüpfte einige Kontakte. Dennoch hatte sie oft Heimweh und vermisste ihre Mutter sehr. Den letzten Brief schrieb Maria am 15.03.1940. Danach brach der Briefverkehr ab, vielleicht aufgrund des Krieges. Marias Mutter wurde am 15.06.1942 aus dem Sammellager Fort V in Müngersdorf in das Ghetto Theresienstadt deportiert und dort ermordet.
Im Heiratsregister von England taucht im vierten Quartal 1943 eine Maria S. Frankenstein auf. Dass es sich hierbei um Maria handelt, ist recht wahrscheinlich. Zudem taucht eine Maria Susanne Wrist im Sterbeindex auf, welche dasselbe Geburtsdatum wie Maria hat, dies legt nah, dass es sich hier um sie handelt. Demnach hat Maria wahrscheinlich im vierten Quartal 1943 in London Stanley A. Wrist geheiratet. Im April 2005 verstarb sie im Alter von 86 Jahren, ebenfalls in London.
Im Nachlass der Familie Frankenstein im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln findet sich ein biographischer Abriss zu Marias Kindheit, in dem auch Angaben zu ihrer Schullaufbahn gemacht werden. Folgende Stationen werden im Text nacheinander genannt: vorher der Besuch des Lyzeums Teschner, Ostern 1931 die Versetzung in die Quarta der Merlo-Mevissen-Schule, ihr 14. Geburtstag (also der 15.3.1933), die Versetzung in die Untertertia, und schließlich der Übergang auf das Gymnasium, wo sie „mit Latein und Griechisch“ anfing.
Allerdings bleibt der Text in der Sache und in der Chronologie etwas unscharf; konkrete Daten werden oft nicht genannt oder sind fragwürdig und in sich nicht stimmig, ebenso ist unklar, ob es sich bei dem „Gymnasium“ bereits um die KLS handelt.
Über Dokumente sicher bezeugt ist uns, dass Maria im Schuljahr 1936/1937 die Unterprima der Frauenschule der KLS besuchte, im Schuljahr 1937/1938 entsprechend die Oberprima, mit dem Abitur Ostern 1938. Wenn ihre Schullaufbahn ohne Verzögerung verlief, müsste sie also Ostern 1933 nicht in die Untertertia, sondern bereits in die Obertertia versetzt worden sein. Dies würde zum Übergang auf das „Gymnasium“ schon insofern passen, dass mit der Untertertia nach insgesamt 8 Schuljahren seit der Einschulung die (Volks-) Schulpflicht erfüllt war und mit der Obertertia automatisch die höhere Schule begann.
Ob damit auch bereits 1933 der Wechsel auf die KLS verbunden war, bleibt unsicher. Zwar wäre es naheliegend, mit der „Schulform“ auch die Schule zu wechseln, doch hätte Maria auch auf der Merlo-Mevissen-Schule noch die höheren Klassen besuchen können. Allerdings stand diese Schule seit der Machtübernahme der NSDAP stark unter Druck, schon 1933 gingen die Schülerzahlen stark zurück; im März 1934 schließlich wurde die Schule aufgelöst. Spätestens Ostern 1934 dürfte Maria also auf die KLS gewechselt sein.
Von Seiten der KLS dürfte es weder bei einem Wechsel Ostern 1933 noch Ostern 1934 Schwierigkeiten gegeben haben. Wir kennen nicht wenige Beispiele dafür, dass man hier – anders als an einigen anderen Schulen – noch bis mindestens 1935 Mädchen jüdischer Herkunft aufgenommen hat. Zudem war Maria christlich getauft, und vor den Nürnberger Gesetzen 1935 galt sie daher offiziell noch nicht als Jüdin. Und schließlich war ihr Vater Frontkämpfer, sie unterlag also auch offiziell nicht der Reglementierung durch das „Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen“.
Ez
https://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Frankenstein;
Birte Klarzyk, Zur aktuellen Verlegung eines Stolpersteins:
https://www.museenkoeln.de/portal/bild-der-woche.aspx?bdw=2018_37