Der Abiturjahrgang 1965 lässt grüßen

Die „Schülerinnen“ des Abiturjahrgangs 1965 im Schülercafé der KLS

 

Jedes Jahr erforschen Schüler*innen im Projektkurs die Geschichte der Königin-Luise-Schule, meist für die NS-Zeit. Wenn sich eine Gelegenheit ergibt, sammeln und archivieren wir aber auch Informationen zu anderen Themen und historischen Phasen für zukünftige Projektkurse. Eine solche Gelegenheit ergab sich ganz unverhofft im Frühjahr diesen Jahres.

Frau Stankiewicz-Schetzka aus dem Abiturjahrgang 1965 war durch Zufall auf unser Buch „Jüdische Schülerinnen und Schüler an Kölner Gymnasien“ gestoßen. Sie war fasziniert von diesem – ihr weitgehend unbekannten – Teil der Geschichte unserer gemeinsamen Schule, aber auch von den Leistungen und dem Engagement unserer Schüler*innen.

Ein erstes Treffen verlief überaus angenehm und brachte mir eine Fülle an Informationen und Anekdoten zur Geschichte der KLS in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Und so entstand schnell der Plan, Frau Stankiewicz-Schetzka und einige ihrer Mitschülerinnen in den Projektkurs einzuladen, um sie dort als Zeitzeuginnen zu befragen.

Am 18. April erschienen die Damen dann zu fünft zu Beginn der Mittagspause. Nachdem ich zunächst schon eine Fülle an Dokumenten für unser Archiv hatte fotografieren dürfen und nach einer kurzen Führung durch das neue Schulgebäude ging es dann zur „Zeitzeugenbefragung“. Die Schüler*innen des Projektkurses und die Zeitzeuginnen verteilten sich in Kleingruppen im Gebäude, um jeweils eine von uns vorbereitete Liste von Fragen durchzugehen. Hatte es zu Beginn noch die Befürchtung gegeben, dass man „wahrscheinlich gar nichts erzählen könnte“, reichte hinterher die Doppelstunde kaum aus – denn schnell ergaben sich in einer überaus angenehmen Gesprächsatmosphäre auch ganz andere Themen zu Schulzeit und Jugend zwischen gestern und heute.

Im Anschluss folgte eine kleine Führung, vorbei an unserem Altbau, dessen Erstbezug 1959 die Damen mitgemacht hatten, zum Ort der „alten“ KLS und der Jawne. Und in einer abschließenden Runde im Café Fromme bei Kaffee und Sachertorte wurde schnell klar, dass dies nicht unsere letzte Begegnung bleiben würde.

Dirk Erkelenz

 

Als ehemalige Schülerinnen der Königin-Luise-Schule, die kurz nach Kriegsende zur Welt kamen, waren wir die „Nachkriegskinder“, erzogen von beeinflussten Eltern aus der Nazizeit. Insgesamt war unsere Elterngeneration zukunftsbezogen und in Bezug auf die Kriegszeit weitgehend sprachlos. Wenn wir mit zunehmender Geschichtskenntnis (von „Wissen“ möchte ich gar nicht sprechen, das wurde uns - auch schulisch in der KLS - nicht vermittelt) die Eltern und Großeltern nach der Entwicklung der Kriegsereignisse des 2. Weltkrieges fragten, bekamen wir meist nur ausweichende Antworten. Das wiederum führte dazu, dass wir selbst oft den Mut verloren, das Thema anzusprechen. Damit haben wir auch in unserer Generation die Nazizeit weiterhin verdrängt. Viele unserer Erinnerungen bleiben bis heute diffus und sind somit - damals wie heute – von uns nur eingeschränkt reflektierbar.

Vielleicht wollten wir unbewusst mehr Klarheit gewinnen, als wir der Einladung von Herrn Erkelenz gefolgt sind. Nach einer kurzen „ Aufwärmphase“ im Foyer mit Herrn Erkelenz und der herzlichen Begrüßung durch die Schulleiterin haben wir in kleinen Gruppen eine Stunde lang die gut vorbereiteten Fragen der Schülergruppe versucht zu beantworten, sie diskutiert und uns bemüht, diese Erinnerungen gemeinsam angemessen einzuordnen.

Bewundernswert ist für uns die große Ernsthaftigkeit, mit der sich die SchülerInnen in das Thema eingearbeitet hatten. Konzentriert im Gespräch, hatten sie den gut vorbereiteten Fragenkatalog als Grundlage für das Gespräch sinnvoll genutzt. Wir sehen, dass die SchülerInnen heute besser über die Vorgänge in der Nazizeit informiert werden von ihren LehrerInnen und dementsprechend konstruktiver damit umgehen können, als es uns möglich war.

Die Gesprächsatmosphäre war interessiert und wertschätzend auf beiden Seiten. Die kritische, dabei empathische Haltung der SchülerInnen war für uns eine große Freude. Dafür bedanken wir uns und stehen gerne weiter zur Verfügung. Es war für uns erstaunlich, wie viele längst vergessene Situationen das Thema in uns wachgerufen und nun differenziertere Einschätzungen ermöglicht hat. So war es auch für uns ein Gewinn,Teil dieses Projekts zu sein. Als Zeichen unserer Unterstützung des Projekts und ihrer engagierten Teilnehmer möchten wir gerne den nächsten „Stolperstein“ finanzieren.

Liebe Schülerinnen und Schüler der Projektgruppe, bleibt weiter so engagiert und seid Herrn Erkelenz dankbar, dass er Euch die Gelegenheit eröffnet, mit der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts kritisch und selbstbewusst umzugehen! Wir brauchen diese Fähigkeiten von Euch in der Zukunft, denn wir sind zur Zeit besorgt, dass sich die Geschichte wiederholten könnte…

Brigitte Stankiewicz-Schetzka, Jutta Linthe und Claudia Ottenburger für den Abijahrgang 1965

 

 

„Ich kann euch wahrscheinlich gar nicht viel erzählen.“ Das war ungefähr das Erste, was Jutta zu uns sagte. Sie war eine der fünf Damen, die uns letzten Donnerstag im Projektkurs Geschichte besuchten, um uns als Zeitzeuginnen ein paar Fragen zu ihrer Schulzeit an der KLS nach dem Zweiten Weltkrieg zu beantworten.

Daraufhin folgte ein Gespräch von über einer Stunde, dass in so vielfältiger Weise interessant, bereichernd und informativ war.

Wie war Schule nach dem Krieg und wurde überhaupt über die Zeit des Nationalsozialismus gesprochen? Das waren zwei unserer Fragen, bei denen Jutta sich noch bis zum Schluss sicher war, sie könne uns nicht weiterhelfen, weil sie uns nur erzählen konnte, dass man in ihrer Schulzeit oder auch zu Hause kaum bis gar nicht über dieses Thema sprach. Doch war diese Information zum einen eben trotzdem hilfreich und zum anderen ließen sich dann doch immer wieder Dinge finden, die bezüglich dieses Themas sehr interessant waren.

Doch war dies nicht das Einzige worüber wir sprachen. Jutta gab uns mehr mit auf den Weg über ihre Schulzeit an der KLS und das Leben an sich, als sie glaubt.

Alle Gespräche waren von gegenseitiger Begeisterung geprägt und ermöglichten uns tolle neue Bekanntschaften, die nicht nur für die weitere Arbeit im Projektkurs sehr gewinnbringend waren.

Vielen Dank an Jutta und alle Zeitzeuginnen.

Clara für den Projektkurs

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