Erinnerungskultur an der KLS, die zu Tränen rührt

Bewegende Momente an der Königin-Luise-Schule anlässlich einer ungewöhnlichen und beeindruckenden Buchpräsentation: Der Deutsche Lehrkräftepreisträger und Geschichtslehrer der KLS Dr. Dirk Erkelenz präsentierte am 6. Juni 2023 mit seinen Schülerinnen und Schülern das langerwartete Buch „Jüdische Schülerinnen und Schüler. Ihre Geschichte(n), zwischen Integration, Verfolgung und Ausgrenzung“. Acht Jahre Recherche- und Dokumentationsarbeit haben Erkelenz, sein Kollege, Freund und Mitherausgeber Thomas Kahl mit ihren Schülerinnen und Schülern in diese wertvolle und verantwortungsvolle Erinnerungsarbeit investiert und dabei Biographien früherer Mitglieder der KLS, der ehemaligen Evangelischen Mädchenschule an der Antoniterstraße und des Gymnasiums Schaurtestraße in Deutz erstellt.

Dr. Ute Flink, Schulleiterin KLS

Dr. Ralf Heinen, Bürgermeister der Stadt Köln

Stolz und begeistert richteten auch Dr. Ute Flink, Schulleiterin der KLS, und Dr. Ralf Heinen, Bürgermeister der Stadt Köln, ihr Grußwort an das Publikum. Heinen, der selbst als Lehrer tätig ist, zeigte sich beeindruckt von der besonderen Schularbeit: Lehrkräfte erarbeiten Hand in Hand mit Schülerinnen und Schülern wichtige Ergebnisse zur deutschen NS-Geschichte und leisten damit gleichzeitig pädagogische Arbeit auf Augenhöhe und wertvolle Demokratiebildung.

Selbstverständlich wurden die wichtigen Forschungsergebnisse den Nachfahren der jüdischen Verfolgten und Exilanten der NS-Zeit zugänglich gemacht. Für viele lebende Familienmitglieder ein Anlass, sich mit den Vorfahren und ihren Biographien zu beschäftigen. So auch bei Terry Mandel aus Berkeley, Kalifornien, Tochter von Ingelore Silberbach, eine frühere Schülerin der KLS, die sich mit der Geschichte ihrer Mutter erst nach den für sie auch überraschenden Informationen der Kölner Schülerinnen und Schüler beschäftigte, wie sie in ihrer Videobotschaft bestätigte. Aber nicht nur das, sie war so beeindruckt, dass sie Oktober 2022 eine Reise nach Deutschland machte und an der Stolpersteinverlegung zu Ehren ihrer Mutter in Köln Marienburg teilnahm. Insbesondere auch dadurch wurde sie nun aus ihrer Sicht mit einem neuen, modernen Deutschland bekannt. Dankend betonte sie den Wert dieser lebendigen Erinnerungskultur.

Eine bittere Gewissheit: Nicht jede Biografie endete im rettenden Exil, wie die von Ingelore Silberbach. Die Flucht und Verfolgung der kleinen zehnjährigen Liese Lotte Samuel beginnt Ende 1938 ebenfalls in Köln, an der ehemaligen Evangelischen Mädchenschule an der Antoniterstraße. Sie wird in Belgien festgehalten und ihr Weg endet menschenverachtend im KZ Auschwitz 1943 und dort im Tod, so die zweite vorgestellte Biografie. Diese las eine ehemalige Abiturientin der KLS vor, die in dem Buch wie andere Forschende als Autorin genannt wurde.

Auch der inzwischen 95-jährige Gunther Heyden, Sohn der KLS-Schülerin Alice Tuteur (Abiturjahrgang 1915) war zu Tränen gerührt, als er nach der Buchpräsentation von den Siebtklässlerinnen Frida und Giulia, beide 13 Jahre, zu seiner persönlichen Geschichte interviewt wurde. Froh ist er heute, dass eine KLS-Abiturientin des Jahrgangs 2019 die Biografie seiner Mutter erstellt hatte. Aus der Recherche- und Dokumentationsarbeit mit der Schülerin habe sich allmählich eine Freundschaft entwickelt.

Zur lebendigen Erinnerungskultur der Schule gehört auch die Übernahme der Patenschaften der Stolpersteinverlegung von den Klassen der Erprobungs- und Mittelstufen. Das Besondere daran: Eine Klasse beschäftigt sich intensiv mit der Lebensgeschichte eines ehemaligen jüdischen Schulmitglieds und ist selbst bei der Verlegung des Stolpersteins dabei. Diese Verantwortung stärkt auch das Gemeinschaftsgefühl der Klasse, bestätigt Clara aus der EF, die mit ihrer damaligen 5. Klasse 2018 die erste Stolpersteinpatenschaft an der KLS übernahm.

Zwischen diesen berührenden Lebensläufen sorgte Hannah, 18 Jahre, aus der Q1 mit ihrem strahlenden Gesang für Gänsehaut: Gefühlvoll und voller Leben begeisterte sie die anwesenden Gäste mit drei jiddischen Liedern der osteuropäischen Klezmer Musik unter der Leitung des Musiklehrers Sandro Knop. Darunter auch das traditionelle Lied „Yome yome“.

Warum ist diese Erinnerungskultur so wichtig? Darauf weiß Erkelenz, der nicht zuletzt dafür den diesjährigen Deutschen Lehrkräftepreis erhielt, eine klare Antwort: „Wir geben deutsch-jüdischen Familien mit grausamen Verfolgungsgeschichten der NS-Zeit eine Erinnerung. Manchmal ist es eine kleine Detailinformation, die wir finden und den Familien mitteilen können; für sie ist es oft ein großes Andenken an ihre geliebten Vorfahren, für uns ist es eine ehrenvolle und erfüllende Aufgabe diese Erinnerung lebendig zu halten.“
Die nächsten Oberstufenjahrgänge freuen sich bereits über die weitere Projektarbeit in Geschichte, denn neben viel Motivation zur Erinnerungsarbeit gibt es noch vieles über ehemalige Kölner jüdische Schülerinnen und Schüler herauszufinden.

Dr. Dirk Erkelenz, Verleihung Deutscher Lehrkräftepreis 2022, Mai 2023

 

Foto-Credit Bilder 1- 6: Thorge F., KLS, 7b
Foto-Credit letztes Bild: Heraeus Bildungsstiftung / Deutscher Lehrkräftepreis)
 

 

Zurück